Freitag, 13. Mai 2011

Der Sommer ist keine gute Zeit für die Einsamen

Der Sommer ist die Zeit in der man ins Licht hinaus tritt, in der Sonne die Schatten austreibt und man lebt. Wenn es heiß wird und die Ärmel ebenso kurz sind wie die Hosen und Röcke, dann leuchten jene, die mit sich selbst im Reinen sind. Jene, die ihren Weg gefunden und in eine warme Zukunft blicken. Eine Zukunft wie der Sommer. Oder auch jene die sich einfach nie gesucht haben.
Eine Jahreszeit der Oberflächlichkeit bricht an, in der die Sorgen des Alltags vom ausgelassenen Lachen der Mädchen auf den Straßen und dem freudigen Quietschen der Kinder in den Parks übertönt werden. Braune Haut über Seelen die man nicht zu sehen braucht weil alles was wirklich zählt ohnehin auf der Zunge liegt.
Wenn die Tage länger und die Luft wärmer wird, dann fliegen die Menschen gemeinsam. Sie strömen zusammen zu Gruppen und ziehen umher, alten Instinkten und neuen Bedürfnissen folgend. Aus den Savannen sind Fußgängerzonen und aus Wasserlöchern Schaufenster geworden. Dann tun sie das was sie am besten können. Gemeinsam sein. Fröhlich sein. Nebeneinander, Händchen haltend, Eis essend.
Müde enden ihre Tage. Müde und ereignisreich und doch sind die Gedanken schon auf den nächsten Morgen gerichtet gerichtet. Und für sie alle hat der Sommer kein Ende. Für jene Gemeinsamen. Aber der Sommer ist keine gute Zeit für die Einsamen. Der Sommer zwingt sie sich offen zu legen. Bei jenem Spiel mitzumachen, Haut zu zeigen. Und sie tragen ihre Masken wohl. Doch darunter liegt eine Seele, die sich viel lieber in Stoff hüllen würde. Stoff der vor den Blicken schützt. Den Erwartungen. Sie sind da. In den Gruppen. Vor den Schaufenstern, den Fußgängerzonen. Und man merkt es ihnen vielleicht nicht an. Doch die Einsamen leiden. Der Sommer stellt sie ins Licht, ein Ort an dem sie noch viel mehr spüren wie einsam sie wirklich sind. Wenn der Schnee fällt und die Welt im kalten Glanz erleuchtet, ist es einfacher anders zu sein. Alleine zu sein. Irgendwie ist im Winter doch jeder ein bisschen alleiner. Man sieht alle dann durch die Straßen huschen, mit gesenktem Kopf, das Gesicht mit einem Schal vor der Kälte geschützt. Und die Einsamen fühlen sich ein wenig mehr dazugehörig. Aber im Sommer müssen allen den Kopf erhoben tragen. Die grellen Strahlen der Sonne am Zenit ihre Vermögens stellen sie auf eine Bühne. Und jene die gemeinsam sind können sich nicht vorstellen, dass es mitten im Sommer auch die Einsamkeit geben könnte.
Die Einsamkeit des Menschen der alleine über die Straße geht und all das sieht was er nie haben wird. Die Einsamkeit des Menschen mitten in einer Gruppe der trotz allem nicht anders kann als alleine zu sein. Sie alle finden nicht einmal Worte dafür. Wie kann  man etwas begreiflich machen wofür es kein Vokabular gibt? Kannst Du einem Blinden die Farbe Blau beschreiben? Kannst Du jemandem der sie nicht kennt Deine Einsamkeit beschreiben? Und sie wünschen sich die Zeit zurück, in der irgendwie alle ein wenig einsamer sind. Die Hitze treibt sie weiter weg von den anderen bis sie glauben eine andere Spezies zu sein. Denn der Sommer ist keine gute Zeit für die Einsamen.

4 Kommentare:

  1. Eine-der-ersten13. Mai 2011 um 22:27

    Fühl dich umarmt..

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  2. "Denn der Sommer ist keine gute Zeit für die Einsamen."
    Damit hast du vollkommen recht. Wobei das bei mir normal ist. Ich bin in jeder Jahreszeit einsam, aber am meisten genießen kann ich es immer noch im Winter. Da passt einfach alles.
    Aber selbst im Sommer mache ich mir nicht die Mühe mich irgendwie anzupassen...
    Ehrlich. An jedem Tag, an dem die Sonne scheint wünsche ich ihr Cholera und Pest an den Hals. Da hilft noch nicht mal das Abdunkeln des Zimmers...
    Der Text ist wirklich großartig und spricht mir fast hundertprozentig aus dem Herzen.
    Mag's. ♥

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