Samstag, 2. April 2011

Darüber sollte man nicht sprechen - schon gar nicht im Blog

Wer mich kennt weiß, dass ich Religion generell eher kritisch gegenüberstehe. Ok, meistens sogar sehr kritisch. Auf der einen Seite kann ich verstehen, dass der Gedanke der vollständigen Auslöschung der eigenen Person etwas Bedrohliches haben kann und im Angesicht der eigenen Sterblichkeit vielleicht sogar ein ewiger Urlaub in der Hölle besser klingt als das Nichts der biologischen Zersetzung.
Meines Wissens gab und gibt es keine einzige Kultur die nicht eine recht konkrete Vorstellung davon gehabt hätte was nach dem Tod kommt, gepaart natürlich mit dem absolut unumstößlichen Glauben, dass sie richtig liegen und die anderen falsch. Normalerweise halte ich zu dem Thema die Klappe und halte mich an die griechischen Götter welche die Menschen im Großen und Ganze in Ruhe gelassen haben um sich ihren eigenen internen Streitigkeiten zu widmen (manchmal kommen mir die Dispute der Olympier ziemlich aktuell vor, besonders im Lichte der aktuellen Politik in Deutschland aber das ist wieder eine andere Geschichte). Epikur war da besonders gelassen, ich mag den Kerl noch aus anderen Gründe aber seine Meinung zu den Göttern war so was von entspannt. Wenn es die Götter gibt, dann sind sie so weit weg, dass sie sich um die Menschen kaum kümmern werden und wenn es sie nicht gibt, na dann umso mehr Grund dieses leben möglichst angenehm zu gestalten. Habe ich schon erwähnt, dass der Kerl sogar Frauen zu philosophischen Diskussionen zuließ? Das war nicht üblich.
Aber kommen wir zum eigentlichen Thema, der Dorn in meinen Fuß weswegen ich mich auf dieses dünne Eis wage. Kennt jemand die Westboro Baptist Church? Das ist eine meiner Meinung nach völlig durchgeknallte christlich-religiöse Gemeinschaft in den USA die gerade einen Kreuzzug gegen Anstand, Menschlichkeit und Mitgefühl führen. Diese Gestalten LIEBEN das Alte Testament, verständlicherweise, finden sich darin doch putzige Aussagen zur Homosexualität, der Rachsüchtigkeit Gottes und von oben sanktioniertem Genozid. Im Wesentlichen ist die Botschaft der WBC, dass die ganze Welt verloren ist und Gott vor Schadenfreude über uns lacht. Richtig, Gott sitzt deren Meinung nach im Himmel und tut alles um uns kräftig in die Cojones zu treten. Echt jetzt, das ist kein Scherz. Eine der Lieblingsbeschäftigung der WBC besteht darin auf Begräbnissen von gefallenen US-Soldaten aufzutauchen und Schilder hochzuhalten auf denen steht „Thank God for Dead Soldiers“ oder „Pray for more dead Soldiers“. Sehr nett, vor allem für die Familien. Mittlerweile sind sie auch dazu übergegangen Videos online zu stellen, „Parodien“ von bekannten Songs, meist mit Titeln wie „God hates us all“. Meistens findet man sie auch auf Beerdigungen von bekannten Persönlichkeiten um ihren Hass zu versprühen. Muss ich dazusagen, dass die auch was gegen Juden haben (eines ihrer Schilder: Jews Killed Jesus)? Und wenn du einen homosexuellen Sohn hast der von intoleranten Hooligans ermordet wurde dann kannst du zur Beerdigung noch einen Tisch für diese Wahnsinnigen aufstellen, sie werden da sein um dir ganz plastisch zu erläutern wie froh se sind, dass er tot ist und wo er jetzt schmort. Warum hassen die WBCler Soldaten so sehr? Sie sind der Meinung, dass die USA, eigentlich die ganze Welt (aus irgendeinem Grund hassen sie Schweden ganz besonders) mittlerweile von homosexuellen, promiskuitiven Satansanbetern regiert wird und jeder Soldat dieses unmoralische System stützt. Ich persönlich bin ja der Meinung dass, wenn es so wäre a) bessere Musik in den Läden stünde und b) diese Welt ein viel lustigerer Ort sein müsste. Aber das ist nur meine Meinung. Die Rechtfertigung für ihre Einstellung finden diese Leute wie schon erwähnt im Alten Testament.
Das frustrierende daran ist, dass sie jede ihrer Aussagen auf biblischen Zitaten stützen können, das Alte Testament ist leider voll davon und das Neue hebt ja das Alte nicht auf – Jesus soll das definitiv gesagt haben … wer nachprüfen will kann das gerne tun, ich werde ganz sicher keine Bibelstellen zitieren. Manchmal frage ich mich wieso diese Leute überhaupt auf die Straße gehen. Sie sind ganz offensichtlich der Meinung, dass die Welt verloren ist, dass für alle die keine Mitglieder der WBC sind ein Platz in der Hölle so sicher ist wie für ausgebrannte Politiker ein Managerposten in der Privatwirtschaft. Neue Mitglieder werben sie mit der Haltung auch nicht wirklich. Also warum nerven sie dann rum? Wäre es nicht besser einfach zu warten bis Gott die Sache regelt? Ich meine, der sollte das doch können? Ja, ich glaube wenn diese Leute wirklich sicher wären, dass es diesen Gott gibt du dass er Homosexuelle, Juden, Amerikaner, im Grunde alle Menschen wirklich so hasst, dann sollten sie sich eigentlich zurücklehnen, ein Pfeifchen rauchen und auf die Feuersäulen warten – ich würd’s tun.
 Aber nein, die müssen so lästig, auffällig und laut wie möglich sein. Wahnsinnig sein macht ja keinen Spaß wenn das keiner sonst mitkriegt. Und schon bin ich mitten drinnen in einer höchst spannenden Diskussion. Wenn ich mal den Mund aufmachen und was gegen Religion sage werde ich meistens von irgendwoher angefahren, dass Religion durchaus was Schönes sein kann, etwas das Leben Bereicherndes. Klar, nicht alle religiöse Menschen sind Fanatiker, da stimme ich zu. Aber Religion ist nun mal der ideale Nährboden für Fanatiker, aus allen Richtungen. Ein Glaubenssystem (und damit meine ich alle), das sich selbst als absolut erklärt, alles andere für Minderwertig im Sinne von: Die kommen an einen weniger guten Platz als ihr) ansieht und sich selbst im Besitz der einzig glücklich machenden Wahrheit wähnt, ist nun mal ein einziger Aufruf zum Fanatismus. Der Herrschaftsanspruch einer jeden solchen Religion ist absolut. Und jetzt solltet ihr Ökochristen meine Intelligenz nicht beleidigen. Auch ihr glaubt, dass wir ohne Bekenntnis irgendwie traurige Gestalten sein müssen, fern von der Liebe eures Gottes, dass der einzige Weg zur Erlösung über Jesus führt. Versucht nicht mal das abzustreiten. Dem verwehre ich mich aufs Äußerste. Ich glaube nicht, dass es diesen einen wahren Weg gibt, ich glaube an tausende von Grauschattierungen, Schwarz und Weiß sind nur grobe Vereinfachungen einer komplexen Wahrheit, nämlich der, dass wir alle Menschen sind, Teil einer Gemeinschaft, wir können so gut und so böse sein wie wir wollen, das Paradies auf Erden erfordert eine bewusste Entscheidung hier und jetzt der beste Menschen zu sein, der ich sein kann, ungeachtet eventueller Fehltritte und Fehlschläge – ich bin ein Tier aus der Gattung Homo und wie jedes Tier bin ich nicht perfekt.
Schieben wir die Schuld für den Zustand der Welt auf einen Apfel und eine Schlange (ich mag Schlangen, sie sind elegante Tiere, das Ergebnis einer immer noch andauernden Evolution) kommen wir nicht weiter, dann liegt unsere Zukunft wirklich i einem Ereignis, dass die WBC als Rapture bezeichnet, aber das wird nicht von Gott ausgelöst sondern von uns. Was verrückte ist, die von der WBC würden die Feuersäulen der Atombomben am Horizont sicher für den Herrn persönlich halten der gekommen ist um sie nach Hause zu bringe. Notfalls zünden sie die Bomben sogar selber. Ok, ganz ruhig. Lasst es mich so ausdrücken – ist das bisschen Hoffnung und Selbstwert, die wir aus der Religion beziehen können wirklich die Gefahren und Spaltungen wert die Religion uns beschert? Sollten wir nicht unsere politische Haltung gegenüber Organisationen die Unrecht, Schubladisierung du Geheimbundmentalität fördern überdenken? Warum können wir unseren Selbstwert nicht einfach aus der Tatsache Menschen zu sein beziehen? Braucht es wirklich die Drohung mit der Strafe vorm dem Gottesgericht um ein gutes Menschen zu sein? Jemand der nur kein Kannibale und Vergewaltiger ist weil er Angst vor Gott hat möchte ich nicht in der Nachbarschaft haben, egal wie oft er zur Kirche geht. Jetzt stelle sich bitte jeder Mal eine Partei vor die von ähnlichen Prinzipien wie die großen Religionen dieser Welt geleitet wird. Und damit meine ich nicht diese Ökochristenprinzipien die immer gerne vorgeschoben werden sondern die harten Fakten, das, woran im Kern wirklich geglaubt werden muss um wirklich zu einer Religion zu gehören. Wäre eine solche Religion mit dem Grundgesetz vereinbar? Also, sollte ich jetzt deine religiösen Gefühle verletzt haben würde ich folgenden Deal vorschlagen – wir lassen uns gegenseitig leben, du nervst mich nicht mit der Heilsverkündung (in allen Lebensbereichen, angefangen vom Klassenzimmer) und ich zwing dir meine Haltung nicht auf - Gott wird die Sache schon regeln, dafür braucht er sicher keinen Handlanger, mit dem Universum und so hat er’s auch super alleine hingekriegt.
Ein enthusiastisch erhobener Daumen in Richtung Buddhismus – die Idee ist gut aber die Welt noch nicht bereit.

1 Kommentar:

  1. Hmmm...Kirche, Religion...die Kirche die im Namen der Religion so viel Mist gemacht hat. Und ich muss damit jetzt wohl nicht aufzählen was ich meine.
    Ich finde es kommt immer drauf an wie Religion ausgeübt wird, solang man mich nicht von irgendwas überzeugen will ist alles gut. Ich finde es auch interessant was andere Religionen für Feste haben und warum keine Frage. Aber man sollte immer bedenken, wir sind alles Menschen, egal welche Religion. und die wirklichen Fanatiker verachten die anderen Religionen ja auch. Wo bitte bleibt dann da die Nächstenliebe?!

    AntwortenLöschen