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Eins war es ein stolzes Vanilleeis im hellsten Gelb das du dir vorstellen konntest. Wenn du es jetzt ansiehst weißt du, dass es nur noch eine gelbe Masse ist.
Natürlich, von außen ist es immer noch geformt wie eine Kugel, perfekt, aber im Inneren besteht es nur noch aus hohlen Luftblasen, dünnwandig, und bei der kleinsten Berührung würden sie zerplatzen, einfach zu Nichts vergehen.
Du starrst darauf. Eine Sekunde, fünf Sekunden, eine Minute, eine Stunde. Irgendwann verliest du das Gefühl für die Zeit und es ist dir auch egal. Kein Anfang, kein Ende.
Und das Eis hält sein Schweigen.
Deine Augen müssten mittlerweile Löcher in die Luft gestarrt haben, dunkle Augen die nichts sehen aber doch nicht tot sind. Alleine und doch mit der Macht Welten zu erschaffen, voller Wunder und immer zum Sterben verurteilt.
Da beginnst du dich zu fragen wie es sein kann, dass sie überall um dich herum sind, Menschen. Witze, Lachen, all das umgibt dich wie die Luft die du atmest.
Die Kälte hüllt dich ein wie ein enger Mantel, ein Stützkorsett und du fragst dich, ob es vielleicht diese Kälte ist die das Eis bräuchte um Unsterblichkeit zu erlangen. Du lachst und erntest dafür seltsame Blicke. Man lacht nicht einfach so, dummes Kind. Aber der Gedanke ist zu komisch. Woran das Eis zu Grunde geht wäre genau das was dich ins Leben zurückbringen würde: Wärme.
Sie fragen wie du dich fühlst. Die Antwort darauf ist immer dieselbe. Was würde es auch bringen etwas anderes zu sagen?
Du ignorierst die Welt und die erwidert die Höflichkeit nur zu gerne.
Und dann ist da diese Hand. Du kriegst sie nicht mehr aus deinem Gedächtnis, alle Gedanken beginnen darum zu Kreisen wie Fliegen um einen ranzigen Kadaver. Du kannst sie fühlen obwohl es nicht deine ist und sie dich auch noch nie berührt hat. Aber die Hand berührt SIE. Ganz zaghaft, unschuldig, keiner hat es bemerkt. Und doch war es unübersehbar. Wissen die überhaupt was die Hand bei dir anrichtet? Was dieses Spiel dich kostet?
Jemand flüstert dir ins Ohr aber die Worte ergeben keinen Sinn (es klang wie eine Maus). Gefangen im Schleppnetz der Angst wie ein Delfin. Die Luft zum Atmen, es lässt dich nicht mehr dafür auftauchen.
Deine Augen beginnen zu tränen. Wenn jemand fragt ist es der Rauch. Kälte hat dich von allen Seiten umzingelt. Kribbelnd schleicht sie deine Fingerspitzen entlang, bitter klettert sie deinen Hals hoch.
Sie gehen, das Ende. Du wartest auf den fallenden Vorgang aber er kommt nicht. Wenigstens ist die Hand jetzt weg. Ein Freund sagt ein paar Worte aber du bist zu müde ihm noch Aufmerksamkeit zu schenken. Langsam stehst du auf, ziehst den Mantel enger um deinen Körper und denkst an diese seltsame Welt mit ihrem zerfallenden Vanilleeis und den Händen die berühren – aber niemals dich.
Das Eis war noch da, tot und der Mond im Begriff aufzugehen. Angeekelt von all den Lügen, dem Schein und den Metaphern nimmst du den klebrigen Löffel vom Tellerrand und stichst ihn in das Eis. Es zerfällt sofort, verliert seine Form, bricht ein. Nur noch ein gelber, zerfließender Fleck auf weißem Porzellan. Zumindest eine Illusion weniger.
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