Donnerstag, 14. April 2011

Essenskontrolle


Vor kurzem las ich eine Nachrichtenüberschrift, die mich stutzig machte. Einige Schulen in den USA beginnen tatsächlich die Jausen und das Mittagessen der Schüler zu kontrollieren bzw. massiv Einfluss darauf zu nehmen. Teilweise geht das so weit, dass entweder bestimmte Speisen (etwa Nahrungsmittel mit hohem Zuckergehalt) nicht mehr mitgebracht werden dürfe oder die Schule das Mitbringen des Essens von daheim generell untersagt und dieses nur mehr in der Schulcafeteria gekauft werden darf.
Grundsätzlich könnte man jetzt eine Debatte darüber führen, dass die US-Amerikaner wohl zu den im Schnitt fettesten Menschen der Welt gehören und Lebensstil-bedingte Erkrankungen wie Arteriosklerose, Bluthockdruck und ähnliches über das Leben hinweg extreme Kosten für das Gesundheitssystem bedeuten.  Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren und dass sich der Staat Gedanken zu diesem Thema machen soll und darf ist meiner Meinung nach unbestritten.
Das Problem beginnt an dem Punkt, an dem tatsächlich massiv in die Persönlichkeitsrechte von Menschen eingegriffen wird und zwar mit Mitteln, die einen etwas unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen. Es stellt sich die Frage welche Motive wirklich dahinter stecken. In Zeiten, in denen viele Schulen mit knappen Budgets zu kämpfen haben, ist jeder Dollar eine willkommene Sache und da die Cafeterias in den USA (und auch hierzulande) selten gratis zur Verfügung stehen, bedeutet natürlich eine solche Maßnahme nicht zu unterschätzende Mehreinnahmen. Wird hier vielleicht die Gesundheit der Schüler nur vorgeschoben um schnell eine neue Einnahmequelle aufzutun? Der Verdacht wird auch durch die Tatsache geschürt, dass die Cafeteriamenüs nicht immer die gesündesten Speisen beinhalten. Fettiges Essen ist nun mal in der Anschaffung meist billiger als hochwertige, biologische Zutaten. Das klassische Hotdogbrötchen ist ja auch so ein denaturiertes Weißbrot welches der Körper mit Freunden in Zucker umwandelt.  Abgesehen davon – wie heuchlerisch ist es, in Zeiten, in denen multinationale Konzerne wie Pepsi und Coca-Cola Schulen offiziell sponsern dürfen, den Schülern plötzlich aus „gesundheitsgründen“ das mitgebrachte Essen zu verbieten?  Ich denke alleine die Entfernung entsprechender Getränkeautomaten aus öffentlichen Schulen hätte einen wesentlich positiveren Effekt.
Grundsätzlich halte ich Verbote, Gebote und sonstige restriktive Maßnahmen für den falschen Weg. Die Aussprache eines solchen ist häufig auch Zeichen einer gewissen Hilflosigkeit gegenüber einer Entwicklung. Statt tatsächlich das Problem anzusprechen, „gewissensbildende Maßnahmen“ zu setzen, die nachhaltig wären, wird schnell eine Entscheidung „für“ die Menschen getroffen. Gerade ist das Thema „Essen“ heikel, da es immer als fest integrierter Teil von Kultur daher kommt. Von Gemeinschaft. Essen und die Rituale drum herum verbinden Menschen. Ein solcher Eingriff wird mit Sicherheit als massive Kontrolle durch den großen Bruder erlebt. Welche Eltern wollen sich schon von der Schule vorschreiben lassen, was ihr Kind essen darf und was nicht?  Also ich persönlich fände das wenig witzig. 

Fazit: Ich bin sehr wohl für eine Bewusstseinsbildung, was eine gesunde und ausgewogene Ernährung betrifft. Übergewicht mit all den Folgen, wie Herz-Kreislauferkrankungen, ist sowohl für die Betroffenen selbst, als auch für das Gesundheitssystem, extrem belastend. Aber wenn, dann aus den richtigen Gründen und auf die richtige Art. Von oben herunter, durch Institution zu beschließen, was unsere Kinder zu sich nehmen dürfen und was nicht, schränkt das Persönlichkeitsrecht ein, nimmt dem Bürger in gewisser Weise seine Mündigkeit und führt im schlimmsten Fall zu einer Art Gegenbewegung die skurrile Früchte tragen kann (zum Beispiel Restaurants, die absichtlich nur die fettigsten Speisen servieren und damit werben "Hier werden ihre Arterien so richtig verstopft"). Gesetze, Bestimmungen und Regelungen von oben können und dürfen die Selbstbestimmtheit nicht ersetzen. Deshalb werden nur solche Maßnahmen nachhaltig greifen, die tiefer gehen als ein simples „Du darfst nicht“. Bewusstseinsbildung ist die Devise. 
Manchmal habe ich diesen Albtraum der perfekt reglementierten Welt, in der niemand mehr entscheiden muss, was gut und schlecht für ihn ist – das absolute, vorbestimtme Glück für jeden. Nur eines hat man nicht mehr in dieser Welt: Eigenverantwortung. Moment. War das nicht „A Brave New World“? Die erlernte Hilflosigkeit, würde der Psychologe sagen. Hat der Menschn nur mehr einen Weg, nicht mehr die Entscheidungsfreihteit zwischen dem was gut tut und dem was nicht gut tut, wird das Leben an sich ab einem gewissen Punkt bedeutungslos. Und man wird nichts mehr lernen. 

2 Kommentare:

  1. Ehrlich gesagt halte ich das für ein probates Mittel um der Verrohung der EssensSitten beizukommen. Naschen geht ja auch Zuhause. Schon vor 25 Jahren gab es in meiner Stadt Schulen an denen es verboten war, Chipse, Cola und Pommes zu essen, und auf der Schule meiner Kinder wird es genauso gehandhabt. Allerdings wird da Bio-Dynamisches Essen angeboten. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Die Alternative muss stimmen!

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  2. Also ich sage mal, in der Cafeteria kaufen müssen find ich zu viel.
    Aber ganz ehrlich, dass was mitgenommen werden darf einzuschränken finde ich okay. Viele Eltern wissen leider einfach nicht was sie ihren Kindern antun. Außerdem ist es ja auch Fakt, dass gesundes Essen auch zur Konzentrationsfähigkeit beiträgt.
    Aber mit dem Essen da kaufen müssen ist finde ich auch eine Kostenfrage. Klar kann man trotzdem was anbieten, aber es nicht zur Pflicht machen, dass da gekauft werden muss.

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